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Gefahren oder gestanden?


Klärung des Bewegungszustandes bei Kollisionen mit einschwenkenden Pkw anhand des Schadenbildes

Oft stellt sich diese Frage im Zusammenhang mit Serienauffahrunfällen. Aber auch bei anderen Unfallarten ist häufig der Bewegungszustand der Fahrzeuge umstritten. Dieser Aufsatz befasst sich mit einer Anstoßkonstellation, die insbesondere bei leichten Parkunfällen auftritt.

Das Bild zeigt eine typische Konstellation.

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Theoretischer Lösungsansatz

Zumeist wird der Sachverständige zur Beantwortung der Frage, ob das Fahrzeug in Bewegung oder im Stillstand war, lediglich auf die Interpretation der Schäden an den Pkw angewiesen sein. Von der folgenden Überlegung ist auszugehen: Die mögliche Querbewegung des Pkw 1 ist durch die topografischen Gegebenheiten, aber auch durch seine Lenkgeometrie begrenzt. Wenn also die Eindringtiefe an der Seite des Pkw 1 ein bestimmtes Maß überschreitet, muss dies auf eine Eigenbewegung des anderen Pkw zurückzuführen sein. Pkw 2 war dann folglich in Fahrt.

Wie groß ist aber nun die Eindringtiefe, die allein durch ein Einschwenken des Pkw erreicht werden kann? Bei langsamer Fahrt folgt die Lenkbewegung eines Pkw näherungsweise den sog. Ackermann-Bedingungen, d. h. es wird kein Schlupf berücksichtigt.

Wenn man sich ein stillstehendes Objekt, z. B. einen anderen Pkw, in Berührung mit der Flanke des einschwenkenden Fahrzeuges denkt, lässt sich dann auf eine einfache Art geometrisch konstruieren, wie weit dieses Objekt theoretisch in die Seite des einschwenkenden Pkw eindringen kann.

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Aus realen Unfällen wissen wir aber, dass in Wirklichkeit die Eindringtiefe allein durch Einschwenken auch bei maximalem Lenkradeinschlag niemals so groß wird, wie es aus den Ackermann - Bedingungen folgen würde. Tatsächlich werden nämlich bei der Berührung von einer bestimmten Deformation an die Kräfte zwischen den Fahrzeugen so groß, dass die Seitenführungskraft der Reifen überschritten wird. Die Fahrzeuge werden quer zu den Längsachsen auseinander gedrückt, die Eindringtiefe nimmt nicht mehr oder nur geringfügig zu.

Welcher Zusammenhang besteht aber nun wirklich zwischen dem Schadenbild und dem Bewegungszustand der Fahrzeuge? Gibt es Merkmale an den Fahrzeugschäden, die sicher erkennen lassen, dass beide Pkw in Bewegung waren? Was sind das gegebenenfalls für Merkmale?

Diese Fragen lassen sich auf theoretische Weise nicht mehr hinreichend klären. Im Rahmen einer von Unfallanalyse Berlin betreuten Diplomarbeit wurde deshalb eine umfangreiche Versuchsreihe durchgeführt. Ziel der Versuche war es, herauszubekommen, welche Eindringtiefe maximal durch Einschwenken eines Pkw erzielt werden kann. Wenn bei einem realen Unfall eine stärkere Deformation als die so ermittelte vorliegt, muss der andere Pkw ebenfalls in Bewegung gewesen sein. Ferner wurde ermittelt, welche anderen Schadensmerkmale, über die reine Eindringtiefe hinaus, Schlussfolgerungen über den Bewegungszustand der Pkw zulassen.

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Unfallversuche

Im Folgenden werden beispielhaft zwei der zahlreichen durchgeführten Unfallversuche dargestellt.

Bei dem ersten Versuch bog ein Mitsubishi Colt nach rechts ab und berührte dadurch einen auf der kurveninneren Seite stehenden VW Golf an dessen rechter Frontecke. Die Geschwindigkeit des Mitsubishi beim Abbiegevorgang betrug zunächst rund 22 km/h. Der Fahrer lenkte aus dieser Geschwindigkeit mit maximaler Lenkwinkelgeschwindigkeit bis zum Erreichen des Lenkeinschlages nach rechts ein.

Allein bedingt durch das Einschwenken der rechten Fahrzeugflanke des Mitsubishi kam es bei dessen Einlenken zu einer Berührung mit der kurveninneren Fahrzeugflanke und der vorderen rechten Fahrzeugecke des stehenden VW Golf.

Bei dem zweiten Versuch bog wiederum ein Mitsubishi Colt nach rechts ab. Diesmal wurden jedoch seitlicher und längsaxialer Abstand des Mitsubishi zu dem zunächst noch stehenden VW Golf so gewählt, dass es zu keiner Kollision bei dem Abbiegen des Mitsubishi gekommen wäre, wenn nicht zeitgleich der VW Golf plötzlich angefahren und daher mit dem vor ihm abbiegenden Mitsubishi kollidiert wäre.

Der vorwärts angefahrene VW Golf kollidierte dadurch mit seiner vorderen rechten Fahrecke gegen die rechte Flanke der Mitsubishi-Karosserie. Die Erstberührung an dem Mitsubishi erfolgte wie im ersten Versuch hinter der A-Säule.

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Die Schäden am Mitsubishi Colt, die bei den beiden Versuchen entstanden sind, unterscheiden sich auf signifikante Weise. Aus den Schäden geht zum einen hervor, dass die Eindringtiefe bei dem zweiten Versuch von vorne nach hinten wesentlich schneller bzw. auf einer kürzeren Strecke zunimmt als sie es im ersten Versuch getan hat, als der VW Golf noch stand. Zum anderen wurde im Gegensatz zum ersten Versuch auch die gestaltfeste B-Säule bis in den vorderen Bereich der hinteren Seitenwand stark eingedrückt.

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Literatur

[1] Weyde, Michael:
Experimentelle Untersuchung zur Klärung des Bewegungsablaufes bei Unfällen mit einschwenkendem Pkw. Diplomarbeit an der Technischen Fachhochschule Berlin, 1995

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