ESG hat die Eigenschaft, bei einer gewaltsamen Zerstörung in Krümel zu zerspringen, die nicht zu schweren Verletzungen führen können. Man erreicht diese Eigenschaft des ESG durch thermische Vorspannung.
Das Glas wird dazu nach dem Zuschnitt gleichmäßig auf über 600° C erhitzt und anschließend mit Kaltluft abgekühlt. Dabei erkaltet die Oberfläche des Glases schnell, während das Innere länger warm bleibt.
Das führt dazu, dass sich die Oberfläche schneller verkürzt als der Kern der Glasscheibe. Dadurch entstehen an der Oberfläche des Glases Druckspannungen, die von Zugspannungen im Inneren im Gleichgewicht gehalten werden.
Diese Spannungen sorgen dafür, dass bei entsprechender äußerer Krafteinwirkung an beliebiger Stelle die gesamte Scheibe in der beschriebenen Weise zerspringt. Das bedeutet zugleich, dass man ESG nicht nachbearbeiten kann.
Unsichtbare Einschlüsse von Nickelsulfid, die bei der Glasherstellung entstehen können, führen in Einzelfällen dazu, dass ESG ohne erkennbaren äußeren Grund spontan bricht. Als Auslöser für diese Spontanbrüche werden vorangegangene Temperaturwechsel angesehen.
Im Sommer des Jahres 2001 sind mutmaßlich unmotivierte Spontanbrüche von ESG-Scheiben zu einer gewissen Berühmtheit gelangt. Es ging hier um das Glasdach, das für den Pkw Smart als Sonderausstattung lieferbar ist.
Das Fernseh-Magazin WISO berichtete in seiner Sendung vom 23.7.2001 von Fällen, in denen das Glasdach des Smart ohne erkennbaren äußeren Anlass plötzlich zersprungen sein soll.
Dabei wurde auch ein Sachverständiger zitiert, der dies auf mögliche, durch Fertigungsmängel bedingte, Nickelsulfid-Einschlüsse zurückführte.
Die Fa. MCC (Hersteller des Smart) hat dazu in einer Pressemitteilung vom 4.8.2001 u. a. wie folgt Stellung genommen:
" [... ] Seit Produktionsbeginn des smart im Jahr 1998 sind bis heute 25 Fahrzeuge (0,01 Prozent aller smart mit verbautem Glasdach) mit zunächst für den Kunden unerklärlichem Glasdachbruch gemeldet. Die Ergebnisse der beauftragten, vereidigten Gutachter ergaben in allen untersuchten Fällen eine Vorschädigung, z. B. durch Steinschlag. [...] Einscheiben-Sicherheitsglas kann nach Vorschädigungen, etwa durch Steinschlag, spontan zu Bruch gehen, wenn etwa temperaturbedingte Spannungen im Glas auftreten. Die Vorschädigung kann sehr klein sein und ist für das ungeübte Auge kaum erkennbar. [...]"
Für die hier untersuchten Fragen ist an dieser Stellungnahme nur eines wichtig: Der Hersteller bestätigt, dass es zu Spontanbrüchen von ESG ohne ersichtliche äußere Einwirkung kommen kann. Voraussetzung laut MCC ist dafür lediglich, dass es zu einem früheren Zeitpunkt eine gewisse Vorschädigung der Glasoberfläche gegeben hat.
Entscheidend ist, dass nicht zwingend im Moment des Glasbruches eine größere identifizierbare Kraft von außen auf die Scheibe einwirken muss. Man wird nicht ausschließen können, dass eine durch einen Einbruchsversuch oder auf ähnliche Weise vorgeschädigte ESG-Scheibe ohne erkennbare äußere Ursache plötzlich zerspringt.
Der letzte Auslöser des scheinbar spontanen Zerbrechens der Scheibe kann ganz geringfügig sein.
Die Seitenscheibe kann beim Schließen zu einem Zeitpunkt brechen, in dem die Tür noch relativ weit geöffnet ist. Letzter Auslöser für den Bruch kann z. B. eine geringfügige Erschütterung oder auch die Biegelast durch den Luftwiderstand sein.
Für die folgenden Untersuchungen ist das von ausschlaggebender Bedeutung.
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